Abriss Rectus Femoris

Bergpanorama

Abriss Rectus Femoris

„Verrückt nach Gipfelglück“… So startete ich meinen Instagram Post vom September 2020.
Ich besteige Gipfel, weil ich sie liebe. Ich liebe die Orte, an die sie mich bringen und ich liebe es, unterwegs etwas über mich selbst zu lernen.

Der Tag am 19. September begann früh. Das Wetter verhiess in der Höhe wunderbar und warm zu werden. So machte ich mich mit einer Kollegin auf nach Wolfenschiessen (NW), wo wir das Auto parkierten und dann mit dem Zug weiter nach Engelberg fuhren. Hier startete unser Trailrun. Über die Rugghubelhütte auf den Wissigstock mit wunderschöner Aussicht auf den Urirotstock, auf welchem wir das Wochenende davor waren.

   

Nach einer Verpflegung kehrten wir wieder einen Teil der Strecke zurück, um auf den Engelberger Rotstock, der wie eine Pyramide emporragt, zu gelangen. Hier oben erwartete uns ebenfalls eine grandiose Aussicht und die Vorfreude auf die Trails runter zur Bannalp wurde immer grösser. Ein grosses Stück lag noch vor uns bis zu unserem Auto in Wolfenschiessen.
So machten wir uns also auf den Weg über den steilen und rutschigen Abstieg über den losen Schotter zum Rotgrätli. Hier galt es noch einige felsigen Stufen zu bewältigen, bevor wir endlich wieder loslaufen und die Trails geniessen können.

   

Es sollte wohl nicht so sein. Auf losem Schotter verlor ich ganz kurz den Halt, rutschte aus und fing mich mit meinem rechten Bein auf. Absolut unspektakulär und total unnötig überdehnte es mir meinen Oberschenkel und ich bemerkte sofort den Riss meines Oberschenkelmuskels. Von Null auf Hundert… Es ist mir auch heute noch ein Rätsel, wie das hat passieren können.
Die ersten Minuten war mir speiübel und der Schmerz war deftig. Ich setze mich hin und versetzte mich gleich in einen hypnotischen Zustand. Selbsthypnose sei Dank ;-). In diesem Moment war mir so was von klar, was mit meinem Muskel (Rectus Femoris) geschehen ist. Der Schmerz liess einigermassen nach und ich konnte wieder klar denken. Nun tauchte die Frage nach dem Helikopter auf, denn der Weg zur Bannalp runter war noch ein weiter. Während wir über den Rückweg diskutierten tapte ich meinen Oberschenkel. Da wusste ich das erste Mal, weshalb ich immer eine Rolle Tape dabeihabe, wenn ich Trailrunnen gehe. Mit getaptem und so wieder einigermassen stabilen Oberschenkel, entschied ich mich dann klar gegen den Helikopter. Ich glaube einfach, dass ich keine Lust auf das ganze Theater hatte. Denn landen hätte dieser so oder so nicht können in diesem Gelände und überhaupt… es ging ja einigermassen. Sicherlich halfen mir auch die Runningstöcke die ich in diesem Gelände meist mit dabei habe.

So machten wir uns also auf den Weg runter zur Bannalp. Ich sage euch… ein wunderschöner Trail… Ich sah uns förmlich über diesen runter zu brettern und einfach zu geniessen. Die Realität sah leider bitter anders aus. Immer wieder regulierte ich mit Selbsthypnose meine Schmerzen und doch hatte ich grossen Respekt davor, diese ganz auszublenden. Wollte ich doch nicht noch mehr verletzen und spüren, was abgeht mit meinem Bein. (eine von mir veröffentlichte Selbsthypnose findest du hier)
Habe ich schon geschrieben, dass das alles noch nicht genug war? Nein? Es begann nun zu regnen. Ein bisschen, ein bisschen mehr, ein bisschen sehr viel mehr. Unterdessen wurde es wieder grüner und die Felsen und der Schotter wurden von lehmigen und nun nassen und rutschigen Trails abgelöst. Ganz ehrlich, wie ich da am Schluss noch über diese steilen Weiden runterkam, kann ich mich nicht mal mehr erinnern. Es war eine regelrechte Rutschpartie. Wanderer mit festen Wanderschuhen, die sich quer in den Schlamm legten, da es so rutschig war. Wie bin ich wohl mit meinem Bein da runtergekommen?

   

Endlich erreichten wir dann die Bannalp, wo wir dann die Bahn runternahmen. Ich wollte nur noch nach Hause. In der Gondel bekam ich dann von einem Bergler eine Schmerztablette. Da ich wusste, dass ich bis zum Auto praktisch nichts mehr zu Fuss machen musste, nahm ich diese Tablette dankend entgegen. Unten angekommen, nahmen wir das Postauto, welches uns zu unserem Auto brachte.
Zu Hause angekommen, hatte ich einen gewaltigen Oberschenkel und ich war so was von durch, dass ich nur noch schlafen wollte.

Am Tag darauf machte ich mich dann auf um einen Notfall in Luzern zu besuchen…
Das ist ein Kapitel, welches ich gar nicht mehr gross aufschlagen möchte. Hätte ich mich nicht gewehrt, man hätte nicht einmal eine Ultraschall Untersuchung gemacht. Gefunden hat die gute Dame im weissen Kittel nichts ausser einem kleinen Muskelfaserriss! Auf keinen Fall sei da was Schlimmeres. Dass ich das Gefühl habe, dass mir der Rectus Femoris abgerissen ist, verneinte sie vehement. Danke für Schmerzpflaster und Schmerztabletten!
Grundsätzlich setze ich ja mehr auf die natürliche Schiene. Vor allem wenn es um muskuläre Geschichten geht, geniesse ich meinen Cannabistee. Aber in dieser Situation hat die Kombination von Beidem sicherlich nicht geschadet.

Die nächsten Tage waren nicht sonderlich angenehm für mich und erst nachdem ich mir Blutegel habe setzen lassen, wurde das ganze Ausmass der Verletzung richtig ersichtlich. Diese kleinen Viecher haben mir derart viel Blut rausziehen können, dass sich der Oberschenkel wieder einigermassen zu definieren begann. Da war also ein grosses Loch und der Rectus Femoris hat sich mächtig nach oben gezogen. Von der ersten Sekunde an spürte ich das Ausmass der Verletzung. Wieder einmal liess ich mich vom weissen Kittel verunsichern. (dazu mehr in einem anderen Blog) Regelrecht verunsichern liess ich mich und vergass komplett auf mich und meinen Körper zu hören. Das heisst, ich verdrängte meine Gefühle einfach.

  

Nun war klar, dass das ganz bestimmt nicht nur ein Muskelfaserriss war. Danach also wieder alles aufrollen, Hausarzt blablabla… So landete ich bei meinem Physio, der mich schon zu Nationalmannschafts Zeiten begleitete. Dieser fackelte nicht lange und schickte mich zu einem Spezialisten in Nottwil und von dort landete ich in der Crossclinik in Basel. Da wusste ich, dass ich gut aufgehoben bin. Denn mein dort behandelnder Swiss Olympique Arzt hat mir vor x Jahren schon meine Waden operiert. Grundsätzlich wäre die Idee gewesen, dort die bevorstehende Operation zu besprechen. Doch auch das kam anders als geplant. Nach nun fast schon 3 Monaten, kann ich mir sagen, dass auch eine richtige Diagnose im Notfall nichts hätte ändern können. Denn der Muskel ist an einer derart bescheuerten Stelle gerissen, dass es unmöglich ist, diesen wieder runter zu ziehen und anzunähen. Es würde gleich wieder reissen!!! Diese Versöhnung hat also stattgefunden und ich darf nun loslassen.

 

Nun gilt es also, meinen drei verbleibenden Muskeln vom Oberschenkel die Aufmerksamkeit zu schenken, damit diese die Arbeit vom Rectus Femoris übernehmen können. Challenge akzeptiert und nun aufbauen, bis der rechte Oberschenkel mindestens so fit wird wie der linke 😉

Da fehlt nun halt was und einen Schönheitswettbewerb brauch ich auch keinen mehr zu gewinnen, denn das Bild wird sich nicht mehr gross verändern ausser dass der Femoris noch ein bisschen an Volumen verliert, da er sich nun degenerieren wird. Mit diesem Blogbericht kann ich das Thema also noch in diesem Jahr abschliessen und freue mich nun also auf all das, was ich mir wieder zurückerobern und erarbeiten kann.

Bis ich wieder in den Bergen Trailrunnen kann, wird es noch ein bisschen dauern. Doch ich habe nun wieder genug Alternativen, die mich beschäftigen.
Ein Beispiel findest du im Instapost.

Einfach auf die eigene Intuition zu vertrauen, auf sich und seinen Körper hören zu können… Das durfte ich wohl wieder mal lernen aus der ganzen Geschichte. Ich wusste von der ersten Sekunde, was Sache war und wie ich damit umzugehen habe. Doch es brauchte grosse Umwege und weitere Steine, die sich mir in den Weg legten um wieder dahin zu kommen, wo ich hingehöre. Einfach die in den Weg gelegten Steine auftürmen, draufstehen und schauen wo und wie der Weg weitergehen kann und mir und meiner Intuition vertrauen…

Ich bedanke mich für deine Aufmerksamkeit und wünsche dir nun eine wunderschöne Weihnachtszeit mit ganz vielen intuitiven Momenten…

Bis bald und schön, dass es dich gibt
Steve

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