Vom Couchpotato zur Rigi Aufsteigerin

Alexandras Rigiaufstieg

Vom Couchpotato zur Rigi Aufsteigerin

Nach 2 Jahren davon träumen, darüber reden, darauf hintrainieren und es immer wieder zu visualisieren, wurde es gestern Wirklichkeit: Steve und ich sind zusammen die Rigi hochgelaufen. Es war ein wunderbarer, intensiver, anstrengender, emotionaler Glückstag und ich bin heute erfüllt von einer tiefen Dankbarkeit.

Es war im Juni 2017, als ich diesen Traum hatte: Ich lief die Rigi hinauf. Kurz darauf schrieb ich einen Blogpost darüber und seither war dieses Rigi-Projekt immer in meinem Kopf.

Seit ich mich im Jahr 2012 zusammen mit Karma vom Sofa erhoben hatte, um für unseren ersten Lauf zu trainieren, hatte ich mir immer mal wieder neue Fitnessziele gesetzt. Ich konnte die Distanz an den Laufveranstaltungen steigern und habe gleichzeitig das Wichtigste überhaupt auf diesem Weg gefunden: Die Freude an der Bewegung. Nur eines, eines konnte ich wirklich nicht ausstehen: Bergauf gehen. Seit ich „Run Couchpotatoes Run“ ins Leben gerufen habe, hat sich daran nie etwas geändert. Bergauf gehen war für mich immer ein totaler Graus und warum ich genau davon träumte, einen Berg hinauf zu gehen, ist mir bis heute ein Rätsel.

Ein paar Monate, nachdem ich mein Ziel öffentlich verkündigt hatte, flatterte ein Mail von Personaltrainer Steve Husistein in meine Inbox. Er habe von meinem Ziel gelesen und meine Vorbereitungen via Facebook verfolgt. Diese seien aber zu wenig zielorientiert und er erklärte sich bereit, mich auf diesem Weg auf den Berg zu coachen. Mit diesen Zeilen begann unser gemeinsamer Weg auf die Rigi:

„Du hast einen weiten, aber nicht unlösbaren Weg vor dir. Du willst nächstes Jahr die Rigi erwandern und glücklich und gesund oben ankommen. Das soll ein langfristiges Projekt werden und nicht irgendein Schnellschuss, der niemandem etwas bringen wird. Ich freue mich auf die Herausforderung, dich professionell für dein Vorhaben vorzubereiten und langfristig etwas auslösen zu können. Ebenfalls sollen so viele Personen wie möglich von diesem Projekt profitieren können. Ich möchte auch andere Leute ansprechen und sie zu solchen Zielen motivieren können.“

Ich nahm mir vor, die Rigi-Besteigung zu meinem 40. Geburtstag Ende August 2018 zu machen. Als mich dann im letzten Frühling eine langanhaltende Knie-Verletzung plagte, begann eine mental schwierige Zeit für mich. Ich rutschte in eine Motivations-Krise und fand länger die Kurve nicht mehr, mich überhaupt mit meinem grossen Ziel identifizieren zu können, geschweige denn, darauf hinzuarbeiten. Zusammen mit Steve fällte ich die schwierige Entscheidung, den Aufstieg um ein Jahr zu vertagen. Das löste natürlich schon die nächste Emotionswelle aus: Ich fühlte mich streckenweise als riesiger Versager und zweifelte häufig daran, dass mir mein Vorhaben tatsächlich gelingen würde. Da ich sehr öffentlich über mein grosses Ziel geschrieben hatte, musste ich zu dem Zeitpunkt natürlich auch einige hämische Bemerkungen in Kauf nehmen, denn die Zweifler-Fraktion hatte natürlich ihre helle Freude daran, zu lesen, dass ich mein Ziel (vorläufig) nicht erreichte. Sie lachten vielleicht dann… gestern lachten wir 😉

Denn einer, einer hatte nie Zweifel. Steve hat ganz zu Anfang mal zu mir gesagt: „Ich sehe, wie wir zusammen diesen Weg auf die Rigi hochgehe. Ich sehe, dass du lächeln wirst und es dir gut gehen wird. Und dass dies erst der Anfang sein wird, denn du wirst richtig Freude bekommen!“ Ich hatte mir zu dieser Zeit häufig einen Funken von dieser Zuversicht gewünscht, denn mich plagten noch immer viele Zweifel. Und jedesmal, wenn ich bergauf ging und mein Gewicht spürte wie sonst nie, wurde ich unsicherer, ob ich mir hier wirklich ein machbares Ziel gesetzt hatte.

Im November 2018 veränderte sich mein Leben nach meiner Magenbypass-Operationnochmals gewaltig. Ich begann, anders mit mir umzugehen, mich mehr wertzuschätzen, genauer hinzuschauen, was ich denke und hinterfrage recht kritisch, ob das, was ich tue, mich wirklich zufrieden und glücklich macht. Dieses Leben mit Magenbypass ist sicherlich die bisher grösste Herausforderung meines Lebens und gleichzeitig diejenige, die mein Dasein Schritt für Schritt leichter macht. Das bedeutet natürlich nicht, dass der Prozess an sich „leicht“ ist, im Gegenteil. Die verschiedenen Ursachen, die zu meinem Übergewicht führten, die ewigen Selbstzweifel und das Gefühl, nicht gut genug zu sein, klopfen immer und immer wieder an. Es ist ähnlich wie beim Weg auf die Rigi: Häufig mache ich zwei Schritte nach vorne und einen Schritt zurück. Doch auch so kommt man vorwärts und ich bin enorm froh, habe ich auf diesem Weg professionelle Unterstützung. Denn so eine Veränderung zieht unweigerlich weitere Veränderungen nach sich: Menschen im eigenen Umfeld verstehen einem manchmal nicht mehr, langjährige Weggefährten entfernen sich und auch damit muss man umgehen lernen. Hier kann eine „neutrale“ Bezugsperson Gold wert sein.

Nach der erfolgreichen Crowdfunding-Kampagne begannen im Mai die regelmässigen Trainings mit Steve. An dieser Stelle nochmals von Herzen ein RIESIGES Danke an alle, welche diese Kampagne unterstützten. Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, was es mir bedeutet hat und wie viel ich aus diesem intensiven Coaching mitnehmen konnte und kann. Wir haben in dieser Zeit natürlich auch viel darüber gesprochen, wie wir den Aufstiegs-Tag gestalten werden. Verschiedene Menschen wollten uns dabei begleiten und ich erhielt immer wieder Anfragen von Interessenten, welche sich den Rigi-Aufstieg ebenfalls als Fitness-Ziel setzen und mitkommen wollten. Ich spürte jedoch tief in mir drin, dass dies MEIN Tag werden sollte. Ich wollte mich an diesem Tag nur auf mich konzentrieren können und wusste auch, mit wem ich unterwegs sein wollte: Natürlich mit Steve und meiner langjährigen Freundin Karin Strebel, welche für uns bereits unser Trainingsvideo und das Video der Crowdfunding-Kampagne realisiert hatte..

Zu dritt legten wir das mögliche Aufstiegs-Datum fest: Montag, 2. September 2019 sollte DER Tag sein. Da ich nun heute schon über den Aufstieg schreibe, ging da definitiv etwas nicht auf. Das Wetter machte uns einen Strich durch diesen Plan und sollte es wohl sein, dass der 1. September 2019 zu DEM Tag wurde, an dem wir die Rigi hochkraxelten.

Steve und ich trainierten also in den letzten drei Monaten einmal wöchentlich auf das Ziel hin, von Weggis nach Rigi Kulm aufzusteigen. Das sind insgesamt knapp 1’300 Höhenmeter auf rund 13 Kilometern. Mit der zunehmenden Trainings-Aktivität nahm meine Blogger-Aktivität ab. Denn etwas lernte ich in diesem Prozess auch: Ich muss nicht immer versuchen, 150 Dinge gleichzeitig zu tun. Es ist ok, zwischendurch Pausen zu machen. Und den Blog halt einfach Blog sein lassen. Denn noch ein Herzenswunsch klopfte diesen Sommer immer und immer wieder an: Ich möchte gerne ein Buch über diesen ganzen Weg schreiben, den ich zurück gelegt habe und über all die Dinge, die ich dabei erleben durfte.

Ich möchte darüber schreiben, wie es sich anfühlt, wenn der eigene Körper plötzlich Dinge leisten kann, die man niemals für möglich hielt. Ich will darüber schreiben, wie es ist, wenn mentale Grenzen plötzlich gesprengt werden. Über all diese Auf und Abs, die ich auf diesem Weg erlebte und die Höhenflüge, die davon in Erinnerung bleiben. Über ganz grosse Durchbrüche, wie beispielsweise der Umgang mit dem mühsamen Kopfhunger, den ich mit Steve in der Hypnosetherapie angeschaut habe. Und darüber, wie viel schöner und besser das eigene Leben wird, wenn man den Weg zu sich findet. Und anfangen kann, den Selbsthass und die Strenge mit sich selber in Güte und Selbstliebe umzuwandeln. Langsam. Stetig. Mit allem drum und dran.

Und genau darum werdet ihr heute in diesem Blogpost nicht mehr über den eigentlichen Aufstiegs-Tag von gestern erfahren. Denn ich werde in meinem Buch darüber schreiben, wie es war, morgens um 5 Uhr unter dem Sternenhimmel zu wandern, einen wunderschönen Regenbogen über dem Vierwaldstättersee zu sehen und davon, was wir taten, als der innere Schweinehund kurz aufjaulte und langsam die Nase voll hatte von der ganzen Anstrengung. Meine tolle Idee, das Bähnli zu nehmen, wurde jedenfalls abgeschmettert….


Lieber Steve

Nun ist es der „Tag danach“ und ich fühle mich fit wie ein Turnschuh, nichts schmerzt und ich habe sogar schon wieder Lust, etwas spazieren zu gehen. Als ehemaliger Couchpotato ist das für mich natürlich ein Wahnsinnsgefühl und gleichzeitig eines, womit ich nie gerechnet hätte. Danke für die super Vorbereitung auf den Tag X! Du hast mich mental und körperlich fit für die Rigi gemacht und ich weiss nun, dass ich noch viel, viel mehr schaffen kann, als ich es mir selber je zugetraut hätte. Ich bin innerlich schon am Pläne schmieden und mir das nächste motivierende Ziel am überlegen. Eines steht für mich definitiv fest: Gerne möchte ich wieder mit dir darauf hinarbeiten.

Für mich verdienst du die Auszeichnung „Best Coach ever“ und ich danke dir für die intensiven Vorbereitungsmonate und den gestrigen Tag. Es war einfach genial. Ich werde immer wieder an deine Aussage denken: „Vorstellungskraft schafft Wirklichkeit“.

Zum Schluss möchte ich jemandem danken, ohne den all das dies nicht möglich gewesen wäre: Meinem Körper. Lieber Körper, du hast wahrlich viel durchgemacht mit mir. Jahrelange Vernachlässigung musstest du über dich ergehen lassen und ich bin manchmal mit dir umgegangen, wie ich nicht mal mit meinem ärgsten Feind umgehen würde. Auch mein Kopf war oft nicht im richtigen Mindset und wir waren viel zu lange kein eingespieltes Team. So langsam haben wir nun angefangen, besser zusammenzuarbeiten. Danke, dass du gestern so wahnsinnig toll mitgemacht hast. Dafür werde ich dir ewig dankbar sein. Du hast in den letzten Monaten Höchstleistungen vollbracht und ich freue mich auf alles Sportliche, das wir noch zusammen erleben werden. Dieser Weg auf die Rigi war erst der Anfang….

 

Schreibe einen Kommentar